Heute vor 33 Jahren: Aufstand der Steine

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Heute wird der Jahrestag der 1. Intifada begangen. Der Aufstand begann am 08.12.1987, nachdem ein Lastwagen der israelischen Armee einen palästinensischen Zivilwagen überfahren & die 4 darin befindlichen Arbeiter getötet hatte. In der Folge des Vorfalls entstand eine Protestbewegung.

6 Jahre lang gingen die Palästinenser*innen konsequent auf die Straße, um gegen jahrzehntelange Besatzung, Erniedrigung & Vertreibung zu protestieren und damit einer langen Tradition des palästinensischen Massenwiderstandes zu folgen. Die Proteste beinhalteten verschiedene Methoden des Widerstands & zivilen Ungehorsams: Generalstreiks, Boykott der israelischen Besatzungszivilverwaltung, Wirtschaftsboykott, Verweigerung der Steuerzahlung, Graffiti, Verbarrikadierung & Steinewerfen gegen israelische Panzer & Kontrollpunkte. Letztere gaben der Intifada den Namen “Aufstand der Steine”.

Eines der berühmtesten Fotos, die während der 1. Intifada aufgenommen wurden: Micheline Awwad hält ihre hellgelben Absatzschuhe in der einen Hand, während sie mit der anderen Steine nach israelischen Besatzungskräften in Beit Sahur wirft. “ Ich trug ein schwarzes Hemd & Top, einen gelben Schal & gelbe Absatzschuhe. Es gab eine besondere Messe in der Kirche, sonst hätte ich dieses Outfit nicht zu einem Protest getragen,” erinnert sie sich. “Wir haben keine Demonstrationen erwartet. Als ich sah, wie die israelische Armee sich näherte & junge Männer sie konfrontierten, folgte ich den jungen Männern. Als ich anfing zu laufen, merkte ich, dass das mit diesen Schuhen nicht geht. Ich zog sie aus & trug sie. Dann habe ich mich gebeugt & einen Stein aufgehoben. Ich wusste nicht, dass jemand ein Foto gemacht hat,” erzählt sie weiter einem Interview mit BBC NEWS, 31 Jahre nach der Aufnahme. “Es war ein Aufstand, der aus dem Herzen kam. Junge Männer und Frauen sind mit Leidenschaft auf die Straßen gegangen.”

Israel versuchte, den Aufstand mit Gewalt zu brechen. Die israelischen Soldat*innen öffneten gewaltsam die geschlossenen Geschäfte, zerstörten die Häuser, Protestierende wurden erschossen & die israelische Armee brach den “Steinewerfern” Arme & Beine — diese Bilder schockierten die ganze Welt. Der damalige israelische Verteidigungsminister Yitzhak Rabin befahl der Armee, die Proteste mit “Kraft, Macht und Schlägen” zu unterdrücken, was ihm in der arabischen Welt den Spitznamen “Knochenbrecher” einbrachte. Ein Regierungssprecher erklärte, “wenn die Truppen ihm die Hände [eines Steinewerfers] brechen, wird er 1 ½ Monate lang keinen Stein werfen können.”

Mehr als 1550 Palästinenser*innen wurden von israelischen Soldat*innen & Zivilisten getötet, unter ihnen mehr als 300 Kinder. Die Zahl der Verhaftungen überschritt deutlich die 100.000 Marke, sie waren Ziel systematischer Folter, bei der 40 Palästinenser in israelischen Gefängnissen getötet wurden. Nach einem Bericht der Hilfsorganisation “Save the Children” brauchten allein in den ersten beiden Jahren fast 30.000 palästinensische Kinder eine medizinische Versorgung für Verletzungen durch Schläge israelischer Soldaten; 30% dieser Kinder waren jünger als 10 Jahre, 20% jünger als 5 Jahre. Mehr als 70000 Palästinenser*innen wurden verletzt, 40% erlitten dauerhafte Behinderungen, 481 wurden vertrieben & mehr als 1880 Häuser wurden abgerissen.
Auf israelischer Seite wurden 421 Israelis von Palästinensern getötet, 150 von ihnen sind Soldaten und Sicherheitskräfte und 18 davon sind Kinder.

Die Intifada zwang Israel, mit den Palästinenser*innen zu verhandeln & sie als ein Volk anzuerkennen, nachdem es jahrzehntelang sogar die Existenz des palästinensischen Volkes abgelehnt hatte. Dies führte zu einer Reihe von Abkommen zwischen der PLO & Israel, die den Palästinenser*innen ein gewisses Maß an Selbstbestimmung einräumten & der Hauptteil der PLO zog nach Palästina um. Die Intifada enthüllte das hässliche Gesicht der Besatzung vor der ganzen Welt & wird für immer ein weiteres Beispiel für den palästinensischen Widerstand & die Entschlossenheit, unsere Freiheit zu erlangen, bleiben.

Was der Kampf gegen die Besatzung & die 1. Intifada mit Frauenrechten zu tun haben, zeigt euch eindrucksvoll der unter die Haut gehende Dokumentarfilm “Naila and the Uprising”. Hier der Trailer zu dem Film.

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